Jugendmedienpreis „Das Rote Tuch“ an Bianca Schaalburg für „Der Duft der Kiefern“
In diesem Jahr ging „Das Rote Tuch“ an Bianca Schaalburg für ihre Graphic Novel „Der Duft der Kiefern“. Darin nimmt die Berliner Autorin ihre Leserinnen und Leser mit auf eine Spurensuche zu ihrer Familiengeschichte während des Naziregimes. Im Mittelpunkt der Handlung steht das Haus im Eisvogelweg 5 in der Onkel-Tom-Siedlung, wo die großen, titelgebenden Kiefern im Garten stehen. In dieses Haus zog in den dreißiger Jahren die Familie von Bianca Schaalburgs Großeltern mit ihren vier Kindern ein. Dass es zuvor von jüdischen Menschen bewohnt wurde, die das Haus aufgrund der Nazi-Gesetzgebung zu verlassen hatten, war in der Familie lange Zeit kein Thema – angeblich wusste man nichts darüber.
Erst Bianca Schaalburg, durch die Erbschaft alter Möbel ihrer Großeltern darauf aufmerksam geworden, stellt mit Unterstützung ihres Sohnes Emile Nachforschungen in Berliner Archiven an. Sie reist sogar bis nach Riga, wo ihr Großvater Heinrich, NSDAP-Mitglied seit 1926, während des Zweiten Weltkrieges Dienst tat. Was er dort genau tat, ob er Zeuge von Massenerschießungen wurde oder sogar daran beteiligt war, bleibt wie so manches im Dunkeln. Doch gerade die Darstellung der Recherchen und all dessen, was zu rekonstruieren war, aber auch, wo Fragezeichen blieben, macht die Authentizität des Buches von Bianca Schaalburg aus. Sie arbeitet in verschiedenen Zeitebenen, springt zwischen dem Geschehen in den dreißiger und vierziger Jahren sowie den unmittelbaren Nachkriegsjahrzehnten und der Recherche der letzten Jahre hin und her, und illustriert dies in anschaulicher Weise.
In seiner Laudatio anlässlich der Preisverleihung ordnete der Publizist Dr. Christian Schlüter, Spezialist für das Genre der Graphik Novel, das Werk in größere Zusammenhänge politischer „Comics“ ein, deren Ursprünge er erläuterte. Die Preisträgerin selbst hob in ihrer Dankesrede hervor, wie sehr sie in ihrem künstlerischen Schaffen durch Käthe Kollwitz beeinflusst worden sei, weshalb der Ort der Verleihung, das Käthe-Kollwitz-Museum, genau richtig gewählt sei. Unter den Gästen begrüßte sie auch ihren Onkel Heinrich, der als einziger der vier Kinder ihrer Großeltern noch lebt und für die Recherche wichtige Impulse gegeben hatte. Den musikalischen Rahmen der Feier lieferten Natalie Miller am Klavier und Andrej Sur an der Geige, die aus den verschiedenen Zeitebenen des Buches die jeweils passende Musik spielten – von Ludwig van Beethoven über Zarah Leander bis hin zu Bill Haley.
Für die Jury überreichte Dr. Franziska Prütz gemeinsam mit Dr. Kian Niroomand, dem Kreisvorsitzenden der SPD Charlottenburg-Wilmersdorf, als Preis das traditionell in Plexiglas eingearbeitete rote Tuch, die Urkunde und das Preisgeld in Form eines symbolischen Bankschecks über 2500 €.